Die Fuge - eine Definition

Barockmusik ist im Bewusstsein vieler Musikliebhaber, aber auch im Bewusstsein von Musikern mit dem Begriff der Polyphonie verbunden, der Mehrstimmigkeit. Die Fuge wiederum als selbstständiges Instrumentalstück bildet den Inbegriff der Polyphonie. Darüber hinaus ist die Fuge aus dem Schaffen Johann Sebastian Bachs eine der höchsten Formen, die während der gesamten Musikgeschichte entstanden ist – auch wenn Bach selbst seine Fugen nicht als „Tonkunst“ verstanden oder gar beabsichtigt haben mag.

In der Bachschen Ausprägung steht die Fuge im gleichen Rang wie die Sonaten Beethovens. Sie wird als eine der ausgeprägtesten Formen musikalischen Denkens betrachtet – eines Denkens in Musik, nicht über Musik.
Die Fuge steht am Ende einer über Jahrhunderte reifenden Kompositionstechnik: des Kontrapunkts. Sie ist gekennzeichnet durch sowohl kompositorische, also künstlerische wie auch handwerkliche Meisterschaft. Anders als in der Konzertform des 17. Jahrhunderts kommt es ihr nicht auf Abwechslungsreichtum an, auch nicht auf Virtuosität und auf die Vielfalt der verschiedenartigen Charaktere. Was die Fuge charakterisiert, ist die satztechnische Kunst.

Due Fuge: Thema und Abhandlung

Am Anfang steht das Thema. Mit dem Thema bereits wird musikalische Logik in Gang gesetzt, aus dem Thema leitet die Fuge alle Ereignisse ab. Willkür oder weniger polemisch: kompositorische Freiheit ist hier fehl am Platz, in der Fuge unterliegt alles dem Gesetz des Kontrapunkts.

Die musikalischen Ereignisse innerhalb der Fuge ergeben sich aus dem „Thema“, genauer: aus dem „Subjekt“. Alles, was aus dem Subjekt folgt, sind mögliche Konsequenzen. Hier liegt die Herausforderung an den Komponisten: Er muss aus dem Subjekt möglichst viel herausholen können und ist dabei angewiesen auf satztechnische, kontrapunktische Vorgaben. Die Könnerschaft aber erweist sich aber auch darin, ein Thema zu erkennen, es zu finden oder es komponieren, konstruieren zu können.

Kunst der Fuge: Das Thema darf nicht verändert werden

Das wesentliche Prinzip in der Fugentechnik ist die Beantwortung des Subjekts (also des Fugenthemas) im Abstand der Quinte (Fünftonabstand). Die erste Herausforderung für den Komponisten besteht darin, das beim Beantworten die Tonart nicht gewechselt werden darf – im Gegenteil: Die Grundtonart muss bestätigt werden. Das wiederum macht es erforderlich, dass die Intervalle des Subjekts manchmal verändert werden. Dadurch entfaltet sich das Subjekt in zwei Erscheinungsformen: Dux (Führer) und Comes (Gefährte), und es beginnt die sogenannte Durchführung.

Mit Durchführung wird in der Lehre von der Fuge das Erscheinen des Subjekts als Dux und/oder als Comes in mehreren Stimmen bezeichnet. Sowie das Subjekt in allen Stimmen erscheint, ist die Durchführung ist vollständig. Die Unveränderlichkeit der Subjekte während der Durchführung ist ein unabdingbares Merkmal der Fuge.